FROHE WEIHNACHTEN
17.12.2016
Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen, liebe Kunden, sowie meinem ganzen Handwerker-Team für die so angenehme Zusammenarbeit im nun zu Ende gehenden Jahr bedanken. Ihnen allen ein freudvolles und friedliches Weihnachtsfest, viel Zeit für Ihre Lieben, Muße zum Entspannen und Auftanken. Und natürlich einen beschwingten Rutsch in ein erfolgreiches und vor allem gesundes und glückliches Jahr 2017!
Herzlich,
Ihre Lore Wellemeyer
Zum Abschluss, noch ein schöne Geschichte von Kinderbuchautorin Charlotte Habersack
Das schönste aller Weihnachten
Ihr denkt, es wäre schlimm, wenn ihr keinen Hund zu Weihnachten bekommt? Oder wenn der Papa dieses Jahr nicht mit euch feiert? Gut, lustig ist das sicher nicht, aber der Junge, von dem ich euch erzählen werde, hatte gar keinen Vater. Warum? Das tut hier nichts zur Sache. Schlimm war nur, dass er auch seine Mutter an Weihnachten nicht sehen konnte, weil er krank war und ein ganzes Jahr weit weg in einer Klinik in Norddeutschland verbringen musste. Dabei hatte er nichts lieber auf der Welt als seine Mutter. Und umgekehrt war‘s ebenso. Nichts war der Mutter wichtiger als ihr Sohn. Deswegen hatte sie all ihr Geld in die teure Behandlung gesteckt, sogar die Erbschaft der Großmutter. Nur ein silberner Rahmen war dem Jungen von der Großmutter geblieben, darin ein Bild der Mutter. Und abends, wenn die Sehnsucht, vollgesogen von all den hinunter geschluckten Tränen, schwer wog wie ein nasser Schwamm, dann nahm der Junge den Rahmen vom Nachttisch und sandte der Mutter über das Bild einen Kuss. Die Mutter aber hatte den dicken Wintermantel der Großmutter behalten, so brauchte sie nicht so viel zu heizen. Die Hauptsache war ja — und das versicherten sich die beiden immer wieder — dass sie einander in einem Jahr wieder gesund und munter in die Arme schließen konnten.
An Heiligabend aber, als all die anderen Kinder über die Feiertage nach Hause fuhren, wurde es den beiden besonders schwer ums Herz. Trotzdem versprachen sie sich am Telefon, tapfer zu sein und nicht zu weinen. Erst als sie aufgelegt hatten, erstickte jeder heimlich ein paar Tränen im Kissen. Der Junge nahm das Bild der Mutter vom Nachttisch und betrachtete es lange. Im ganzen Haus war es totenstill. Nur aus dem Schwesternzimmer kroch leise Weihnachtsmusik über den gewienerten Flur.
Da hielt es der Junge plötzlich nicht mehr aus. Er hüpfte aus dem Bett, schlüpfte in Socken und Schuhe und zog sich eine Jacke über den Pyjama. Er öffnete den Rahmen, nahm das Bild der Mutter heraus und steckte es sich in die Brusttasche, direkt über seinem Herzen. Dann schlich er sich nach draußen und verkaufte einem Betrunkenen am Bahnhof den Silberrahmen der Großmutter, keine Träne weinte er ihm nach. Mit klopfendem Herzen kaufte er sich ein Ticket nach München zur Mutter. Einfach! Für die Rückfahrt reichte das Geld nicht. „Darüber denke ich später nach”, dachte der Junge, „wenn ich nur erst bei meiner Mutter bin, ist alles gut”. Als der Zug gegen fünf aus dem Bahnhof rollte, wurde es bereits dunkel und es begann leise zu schneien. Mutterseelenallein saß der Junge in seinem Abteil, aber als er hinaussah, war es ihm als tanzten die Schneeflocken einen fröhlichen Walzer für ihn. Er zitterte ein wenig in seinem Pyjama, meinte aber, es sei die Vorfreude, nur das Bild in seiner Tasche wärmte ihn wie eine zärtliche Hand. Sechs Stunden würde er brauchen und wäre noch vor Mitternacht bei der Mutter in München.
Doch in München stieg die Mutter in einen Zug. Sie hatte einer Nachbarin den Mantel verkauft. In ihren klammen Fingern hielt sie ein Ticket nach Hamburg und zeigte es dem Schaffner so stolz, als wäre es der Hauptgewinn der Lotterie. Für einen Rückfahrschein hatte das Geld nicht gereicht. „Darüber denke ich später nach”, dachte die Mutter, “wenn ich nur erst bei meinem Jungen bin, ist alles gut”. Auch sie fröstelte, als sie in das Schneegestöber nach draußen blickte. Aber ihre Wangen glühten vor Freude, ihren Jungen bald wieder zu sehen. Sechs Stunden würde sie brauchen und wäre noch vor Mitternacht in Hamburg. So rauschten die beiden Züge durch die Nacht der eine nach München, der andere nach Hamburg — während überall in Deutschland Familien unterm Weihnachtsbaum gemeinsam sangen und sich beschenkten.
Als der Zug um halb acht am Würzburger Bahnhof hielt, sah die Mutter nachdenklich auf einen geschmückten Christbaum. Wie gerne hätte sie auch ihrem Jungen einen solchen Anblick geschenkt. Der Junge aber, dessen Zug etwa um die gleiche Zeit in Kassel hielt, sah die festlich erleuchtete Tanne nicht, deren Äste ihm im Wind zuzuwinken schienen — denn er war eingenickt. Erst als sein Zug drei Minuten vor acht mit quietschenden Bremsen in Fulda Halt machte, schreckte er hoch und warf, nachdem er sich an der beschlagenen Scheibe ein Fleckchen frei gerieben hatte, einen Blick aus dem Fenster. Er sah auf ein einsames Gleis und einen menschenleeren Bahnsteig und es schien ihm, als gäbe es in der ganzen, nächtlichen Welt nur noch den Zug und ihn.
Da rollte ein anderer Zug an seiner Nase vorbei in den Bahnhof, mit hell erleuchteten Fenstern, aber menschenleer wie der seine. Und als der Zug neben seinem hielt, erschien ihm, wie im Traum, das Gesicht seiner Mutter, hinter einer beschlagenen Scheibe. Es sah aus wie das Gesicht eines Engels. Der Junge rieb sich die Augen und winkte dem freundlichen Engel zu. Da winkte der Engel zurück. Sekunden später standen sie sich auf dem zugigen Bahnsteig in Fulda gegenüber und konnten es nicht fassen. Sie fielen sich in die Arme und übersäten ihre Gesichter mit Küssen. Schneeflocken schmolzen auf ihren erhitzten Wangen. Später gingen sie in eine kleine Kapelle im Ort und hielten sich die ganze Zeit an den Händen. Drei Messen lang blieben sie dort und wärmten sich aneinander und an den vielen Kerzen. Am Bahnhof aßen sie heiße Würstchen auf Pappe und es war ein Festmahl wie nie. In der Ecke blinkte ein Christbaum aus Plastik. Erst als es hell wurde, tauschten sie ihre Tickets und fuhren zurück. Und obwohl die beiden später noch viele Weihnachten mit allem Drum und Dran — Festtagsbraten und Geschenken — erlebten, so war dieses doch eines ihrer glücklichsten. Das weiß ich aus sicherer Quelle, denn der Junge von damals ist heute mein Großvater.